Ein erhofftes Wiedersehen? von Lena Röding
Maria hat sich schon immer darauf gefreut, die weihnachtlich geschmückte Stadt von dem Riesenrad des Weihnachtsmarkts aus zu betrachten. Als sie klein war, tat sie dies jedes Jahr mit ihren Eltern. Jetzt ist sie 22 und schon seit drei Jahren nicht mehr hier gewesen. Dieses Jahr ist sie wieder mit ihrer Mutter und ihrem Vater hier, doch es fühlt sich anders an. Sie war so lange weg und wechselt soeben die ersten Worte mit ihnen, nach fast zwei Jahren. Sie reihen sich in der Schlange für das Riesenrad ein. Ein erstes Stöhnen ihres Vaters: „Jetzt können wir hier wieder eine Stunde warten, bis wir auf das Scheißding drauf kommen.“ ‚Ein paar Dinge ändern sich wohl nie‘, denkt sich Maria. Früher hat er sich sobald er die wunderschöne Stadt sehen kann, auch gefreut. Aber was weiß sie schon noch über ihren Vater und was könnte er schon noch über sie wissen. Neben ihnen ist es laut. Ein Haufen Menschen schieben sich an ihnen vorbei alle laut im Gespräch mit seinen Nebenmann. Zwischen Maria und ihren Eltern stattdessen unangenehme Stille. Maria ist sich nicht sicher was sie sagen soll. Ihren Eltern geht es genauso. Die Warterei kommt ihnen unendlich lang vor. Endlich können sie ihre Gondel betreten. Das Riesenrad beginnt sich in Bewegung zu setzen und noch immer hat niemand gesprochen und in dem engen Raum des Riesenrads ist diese Stille noch so viel erdrückender. Ihre Mutter versucht die Stille zu brechen, in dem sie erzählt, dass sie jetzt immer jeden Donnerstag mit ihren Freundinnen Töpfern geht. Viel Interesse weckt dies bei Maria und ihrem Vater aber auch nicht. ‚Mich interessiert dein blödes Getöpfer nicht. Es gibt zu viele andere Angelegenheiten, über die wir sprechen sollten‘, denkt sie. Darin sind ihre Eltern ja Experten: Ihre Probleme einfach totschweigen und so tun, als ob alles in Ordnung wäre. War das nicht auch der Grund, wieso sie nicht mehr mit ihnen reden konnte? Sie nähern sich der Spitze. Maria hat seit sie die Gondel betreten haben noch immer kein Wort gesagt. ‚Nichts hat sich geändert‘, denkt sie. Sie erreichen den Gipfel und die Gondel hält an, Maria steht auf, starrt nach draußen auf die Stadt und beobachtet die Menschen. Das Gefühl ist genau dasselbe wie damals.
Sie fühlt sich frei! Und genau das war der Grund, warum sie gehen musste!
Lena Röding