Eine außergewöhnliche Sportstunde …
Am vergangenen Montag konnten die Schüler der elften Klassen etwas ganz Besonderes ausprobieren – Sport im Rollstuhl.
Golo zieht in Richtung der zwei orangen Hütchen, das Tor ist nicht mehr weit entfernt. Sicher sitzt der Ball auf seinem Schoß, während er mit einigen schnellen Stößen weiter Richtung Tor vordringt. Doch da! Clemens schiebt sich von der Seite heran, lenkt, und die Rollstühle von Golo und Clemens krachen aufeinander, Golo wird zur Seite abgedrängt. Er versucht den Ball unter Kontrolle zu bringen, der fliegt zur Seite. Der Ball fällt zu Boden hüpft einmal, hüpft zweimal. Pia rollt heran, doch Stefan schiebt sich vorbei, beide greifen nach dem Ball. Der rollt zur Seite, Stefan kriegt ihn zu fassen, bevor sein Rollstuhl von Pia angegriffen wird und manövrierunfähig zum Stehen kommt. Stefan sichert den Ball, wirft ihn nach vorne zu Lennart…. der Ball fliegt und fliegt! Schließlich kann ihn Lennart fangen und mit einem letzten Anschieben rollt er mit dem Ball über die Torlinie…
Das also ist Rollstuhlrugby: Eine extrem schnelle Sportart, eine extrem schweißtreibende Sportart, eine Sportart höchster Präzision. Zusammengefasst also eine Sportart, die wirklich alles bietet- und bei der auch der Spaß nicht zu kurz kommt, wie auch Christian Andres weiß: „Dieser Sport macht nicht nur nicht körperlich behinderten total Spaß! Es ist ein wahnsinnig schneller und anstrengender Sport und erfordert höchste Aufmerksamkeit.“ Auch Arvid Gloria erklärte enthusiastisch: „Man konnte den Sport aus einer ganz anderen Perspektive betrachten und es hat dabei richtig viel Spaß gemacht.“, während Erik Schröpfer ergänzte: „Ich war erstaunt, was man mit einem Rollstuhl so alles drauf haben kann“
Grund für die außergewöhnliche Veranstaltung am 30.05.2017 in der Regelschulturnhalle, bei der sich jeder, der wollte, ausprobieren durfte, war das Seminarfachprojekt der Gruppe von Rebecca May, Michéle Kleiber und Lisa Lukas. Gemeinsam forschen sie zum Thema „Sportliche Aktivität mit körperlicher Behinderung – Was machen Rollstuhl und Prothese möglich?“ und haben in der Rugbygruppe der Thuringia Bulls einen perfekten Partner gefunden. Für den Eigenanteil der Seminarfachgruppe war die Sportmannschaft aus Elxleben, vertreten durch die motivierten Rugbyspieler Thomas Trautmann, Stefan Hahn, Marcel Schmidt, Lars Thiele und Michael Fischer, am Montag angereist- auch um zu beweisen, wie viel Kraft und Willensstärke Sport als körperlich Behinderter erfordert. Denn schließlich ging es auch Lisa, Michéle und Rebecca um den Respekt, der den Behindertensport entgegengebracht wird. Wie groß ist das Ansehen von Rollstuhlsport? Wie ist es für nicht körperlich Eingeschränkte, wenn sie mit einem Rollstuhl selbst umzugehen haben? Und wie verändert sich die Meinung gegenüber dem Sport und den Menschen, wenn man selbst verstärkt in Kontakt mit ihnen gerät?
Um das herauszufinden, begann die etwas andere Sportstunde, die dafür von Herrn Kramss und Frau Müller freundlicherweise zur Verfügung gestellt wurde, mit einer kurzen Einweisung in das Rugbyspiel im Rollstuhl. Die Regeln sind dabei recht simpel. Gespielt wird fünf gegen fünf. Ziel des Spiels ist, den Ball an den Gegnern vorbei über die gegnerische Torlinie zu bringen. Während des Spiels ist es erlaubt den Ball in den Händen oder auf dem Schoß zu transportieren, wichtig ist aber, dass der Ball alle zehn Sekunden einmal geprellt wird. Nach der kurz gehaltenen Einführung ging es dann für die ersten Freiwilligen richtig los. Um allen die einzigartige Möglichkeit bieten zu können, selbst einmal das Gefühl des Rollstuhls kennenzulernen und diese Form des Rugbys einmal auszuprobieren, wurde mehrfach gewechselt.
Das Ziel, die Achtung des Sports bei den Schülern auszuweiten und für das Thema zu sensibilisieren, scheint dabei vollends erreicht worden zu sein. So waren die meisten für Rollstuhlrugby zu begeistern, zum Ende der Unterrichtsstunde erklärten viele, dass man den Spielern und dem Behindertensport noch viel mehr Respekt entgegenbringen sollte. „Rollstuhlrugby hat eben gezeigt, dass man auch trotz körperlicher Behinderung Spaß am Sport haben kann“, erklärte Elias Scholz und merkte weiter an: „[…]und trotzdem Können beweisen muss, sehr viel sogar, weil es erstmal extrem anstrengend war für die Schultern und für die Arme und natürlich auch die Technik eine Rolle spielt und Koordination vor allem. […] Größten Respekt für Behinderte, was die da durchmachen, schließlich konnten wir danach aus dem Rollstuhl wieder aussteigen und weiterlaufen. Das können sie nicht. Im Alltag- Treppen, Bus, zu Hause- und das alles nur mit den Händen, das ist irre, absolut irre!“
So war diese Sportstunde insgesamt mehr als nur eine Sportstunde- es war auch eine Lehrstunde. Eine Lehrstunde über das Leben mit einer Behinderung, über die Schwierigkeiten, die ein solches Leben bietet und über den Spaß, den man trotzdem haben kann- durch Rollstuhlrugby!
von: Paul Simonis